Wenn ich Jogge, bleibt das Baby zu Hause
Als beruflich erfolgreiche Frau, die mit beiden Beinen in ihrem Leben steht, ist mein Tag meist von Anfang bis Ende durchgeplant. Doch meine liebste Tageszeit ist früh morgens, wenn ich mir die Zeit nehme etwas für mich und meine Gesundheit zu tun. Es ist die Zeit, in der ich in dem nahegelegenen Wald joggen gehe. Dies ist für mich eine Art Ritual geworden, welches für mich schon bei der Vorbereitung auf den Lauf beginnt. Schon wenn ich meine Sportklamotten anziehe und meine Haare in einem Zopf zusammenbinde, kann ich meine Vorfreude auf die Ruhe des Waldes und die gleichmäßigen Bewegungen meines Körpers spüren. Ich bezeichne meine morgendliche Runde gerne als die Ruhe vor dem Sturm, da ich meine Gedanken in der Ruhe der Natur ordnen kann und mich innerlich auf den Stress des Alltags vorbereiten kann. Es ist wie ein Schritt aus dem Alltag und wie eine Art Urlaub für den Geist und den Körper.
Neben der sportlichen Betätigung und der Fitness meines Körpers schätze ich die Routine meines morgendlichen Laufes sehr. Es gibt einem die Chance die Natur zu beobachten. Man kann den ganzen Sommer über im Wald joggen gehen, doch den Umschwung in den Herbst erlebt man trotzdem immer wieder wie ein plötzlich eintretendes Erlebnis. An einem Morgen ist die Luft noch warm und riecht nach warmer Erde und am nächsten ist die Luft kühl und der Geruch des Herbstes macht sich im ganzen Wald breit. Auch die Routine der selben Menschen hat eine beruhigende Wirkung. Es ist eine Art Gewissheit die üblichen Jogger zu treffen und sich freundlich zuzunicken oder sich gemeinsam aufzuwärmen bevor man seine tägliche Runde in Angriff nimmt.
Doch immer häufiger wird diese morgendliche Ruhe gestört. Kindergequengel und ein erschöpftes Prusten gepaart mit dem Geräusch von Rädern auf dem Waldboden sind die Vorboten von nichts Gutem. Eltern mit hochrotem Kopf, die ihre Blagen in sogenannten Jog-Buggies durch den Wald schubsen, ist eine Art Trend der in letzter Zeit immer mehr an Beliebtheit gewinnt. Das und die Erfindung von kurzärmeligen Hemden sind zwei Dinge, die ich nie nachvollziehen oder gut finden werde. Es ist zum einem unfair dem Kind gegenüber, dem durch das herum Geschaukel nur speiübel werden kann. Zudem setzt man die Sicherheit seines Nachwuchses aufs Spiel da im Falle eines Unfalls nicht nur der Elternteil verletzt wird, sondern auch das Kind erhebliche Verletzungen davon tragen könnte.
Zum anderen ist es absolut rücksichtslos den anderen Waldbesuchern gegenüber, die diese Ruheoase für sich nutzen um zu entspannen und aus der lärmenden Welt zu entfliehen. Doch anstatt dem vereinzelten Vogelgezwitscher oder der flüchtigen Begrüßung anderer Jogger hört man nun Dinge wie: „Justus schau ein Baum“, oder „Klarabella hör sofort auf zu quengeln, sonst ist die Mama ganz ganz böse“. Und damit nicht genug, da diese Kinderwägen für diese Art von gesellschaftlicher Folter die Maße eines jeden normalen Waldweges überschreiten, blockieren die sportlichen jungen Eltern auch den Weg für alle übrigen Jogger.